Volkskino II - Amateurfilme aus der DDR Von Alfred Behrens und Michael Kuball

12-12-2024 (20:00)

Folge 3: „Es gab je nur Normal“
Folge 4: „Skoda-drivers are better lovers”

1990 suchten Alfred Behrens und Michael Kuball per Anzeige nach privatem Filmmaterial aus 4 Jahren „Ostzone“ und 40 Jahren DDR und wurden mit ca. 300 Stunden in allen Formaten von N8 bis Video überschüttet. Über ein Jahr lang wurde gesichtet, bis Ende 91 ein Programm von 2 x 90 Minuten fertig war. „Ossis live“ titelte Die Zeit, „DDR privat“ der Tagesspiegel. Mit Ausnahme einiger Aufnahmen von Profis aus den Jahren nach 1945 und später Aufnahmen aus den Betriebsfilmclubs und Amateurfilmstudios waren die Aufnahmen ausschließlich dort gezeigt worden, wo sie entstanden waren: in den Familien, im Freundeskreis, in der Clique.
Die Filme sind stumm, kommentiert werden sie im Nachhinein von den Amateurfilmern oder Verwandten. Manche Ältere sind noch im halboffiziellen Sprachgebrauch gefangen, Jüngere reden so ungezwungen, wie sie sich auch vor der Kamera bewegt haben. Bilder, wie sie ein Westpublikum nie gesehen hatte: Die Außenwelt ist reglementiert, Lebensfreude und Geselligkeit zeigen sich erst in der Innensicht.

Folge 3: Neben Aufbausonntag, Frauentag, sozialistischer Eheschließung und Jugendweihe finden sich in den Aufnahmen der Amateure Themen, die später auch von der kritischen Jugend im Westen geteilt werden: Solidarität mit Vietnam, Empörung über amerikanische Bomben auf die chilenische Republik unter Allende. Und doch ist die private Welt der Lieblingsschauplatz der Amateurfilmer. Erste gefilmte Risse: Ein Arzt geht zum letzten Mal durchs Brandenburger Tor – er wird nicht zurückkehren. Ein Familienausflug in Sommerkleidern: Dass die Mauer gebaut wird, erfahren die Gefilmten noch am selben Tag.

Folge 4: Unter den Amateurfilmern findet ein Generationswechsel statt: Langhaarige junge Leute aus Babelsberg haben die Steifheit der Eltern abgelegt und filmen die Ungezwungenheit, die sie sich erobert haben. Das AWO-Motorradtreffen wirkt erst aus heutiger Sicht etwas unheimlich.
Schließlich begegnen wir der Kleinfamilie aus Babelsberg am Brandenburger Tor wieder: die Mauer ist offen. 

Alfred Behrens lebt in Berlin und arbeitet als Autor, Dramaturg, Regisseur und Hochschul-Lehrer. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Hörspielpreis der Kriegsblinden und anderen Hörspielpreisen, dem Grimme-Preis und dem Bundesfilmpreis (beide zusammen mit Michael Kuball) und den Tagesspiegel-Literaturpreis.

Michael Kuball lebt in Hamburg und arbeitet als Dokumentarfilm-Regisseur sowie als Inhaber eines Archivs für historische Dokumentarfilme. Er gewann zahlreiche internationale Dokumentarfilm-Preise, den Deutschen Kamerapreis und, zusammen mit Alfred Behrens einen Grimme-Preis.

Gemeinsam produzierten Behrens und Kuball die Reihen “Familienkino“ (7 Folgen“, „Volkskino“ (4 Folgen) sowie „CineMemo“ (9 Folgen) und „An Unknown War“ (5 Folgen), jeweils gemeinsam und mit anderen.

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