05-08-2025 (20:00)
Vortrag des Literaturwissenschaftlers Prof. Petro Rychlo (Universität Czernowitz, Ukraine)
Die Geschichte der deutschsprachigen Exilliteratur ist recht gründlich erforscht, und doch bleiben noch weiße Flecken. Zu den im Schatten gebliebenen Exilautoren und Autorinnen gehört auch die Bukowiner Schriftstellerin Klara Blum (1904-1971). Sie stammte aus einer Czernowitzer jüdischen Familie und kam noch im Habsburgerreich zur Welt. Ihre Jugend verbrachte sie in ihrer Heimatstadt, nun teilweise unter rumänischer Herrschaft. Aus familiären Gründen flüchtete sie nach Wien, studierte und begann, in linken Presseorganen zu publizieren. Als Preisträgerin eines literarischen Wettbewerbs folgte sie einer Einladung für zwei Monate nach Moskau und blieb dort elf Jahre. 1937 begegnete sie hier dem chinesischen Theaterregisseur Zhu Rangcheng, ihre einzige große Liebe. Nur wenige Monate später aber verschwand Zhu spurlos. Klara Blum vermutete ihn auf geheimer Mission in China (statt tatsächlich im stalinistischen Gulag). In Moskau veröffentlichte sie u.a. Gedichte, wurde auch sowjetische Staatsbürgerin, durfte aber erst nach 1945 ausreisen. Über viele Stationen gelangte sie tatsächlich nach China, wurde Professorin für deutsche Sprache, suchte weiter nach Zhu, nahm den Namen Zhu Bailan an und verarbeitete ihre ergreifende und traurige Liebesgeschichte in dem Roman „Der Hirte und die Weberin“, der 2023 in der Reihe „Die Andere Bibliothek“ mit einem Essay von Julia Franck neu erschienen ist. Klara Blum starb 1971 in Guangzhou.