09-09-2014 (20:30)
BRIEFE AN DICH sind die
Erinnerungen der letzten Zeitzeugin des »russischen Berlins« der zwanziger
Jahre. In einer Mischung aus Tagebuch und Briefen schildert Vera Lourié ihre
Kindheit und Jugend in St. Petersburg, wo sie behütet aufwuchs und sich als
junge Frau der Schauspiel- und Dichtkunst zuwandte. Sie erzählt von der
dramatischen Flucht der Familie nach der
Oktoberrevolution ebenso anschaulich wie von den russischen Kreisen in Berlin,
wo sie in einer Bohème aus
Künstlern und Literaten verkehrte, Intrigen und Liebesaffären erlebte.
Den Nationalsozialismus überlebte sie trotz ihrer Kontakte zum deutschen
Widerstand, der Festnahme durch die Gestapo und der Inhaftierung ihrer Mutter
im KZ Theresienstadt. Ihre beherzte
Geistesgegenwart kam ihr auch zugute, als die sowjetische Armee, die
bürgerlichen russischen Flüchtlingen feindlich gesonnen war, 1945
einmarschierte. Sie überstand Not und Hunger der Nachkriegszeit und war lange
vergessen, bis sie als Literatin und Zeitzeugin wiederentdeckt wurde und sich im
hohen Alter noch einmal verliebte.
Dies bestärkte sie in der Niederschrift ihrer Erinnerungen, die nun endlich, um
autobiografische Texte, Dokumente und Fotos aus dem Nachlass ergänzt, erstmals
vollständig veröffentlicht werden.
Die Herausgeberin Doris Liebermann lernte Vera Lourié in den 1980er Jahren noch
persönlich kennen und portraitierte sie in Radio-Features und einem Film über
das "russische Berlin".