Selim Özdogan liest aus seinem Roman "Wo noch Licht brennt".

16-11-2017 (20:30)

Nach den Romanen "Die Tochter des Schmieds" (2005) und "Heimstraße 52" (2011) schreibt der Autor Selim Özdogan die Lebensgeschichte seiner Protagonistin Gül nun in einem dritten Roman weiter: "Wo noch Licht brennt". Özdogan lebt in Köln, wo er als Sohn türkischer Eltern 1971 auch geboren wurde. Er schreibt deutsch. Mit Gül hat er eine schlichte, geduldige, warmherzige, fürsorgliche Person geschaffen, die viele Leser sogar für "weise" halten. Deren Kindheit und Jugend in den 40er Jahren in einem anatolischen Dorf liegt weit vor Özdogans eigener Jugend. Gleichwohl macht er das Lebens Güls mit mehrfachem Wechsel zwischen der Türkei und Westdeutschland, zwischen Sehnsucht und Enttäuschung, Hoffnung und Verantwortung in einer unaufgeregten, poetischen Sprache glaubwürdig - nicht als Debattenthema, sondern als empathisch erzählte Geschichte mit langem Atem.

Fremdenhass und Integration, Erdogans Innenpolitik und Seehofers Obergrenze spielen für diese Familienchronik nur eine Nebenrolle, wenn überhaupt. Özdogan setzt auf die Lebenserfahrung seiner "Heldin" und deren Fantasie zum Ausgleich, die im Alltag nützlicher ist als politischesParteinahme. Und "Alltag" ist Özdogans Thema, nicht das Außerordentliche, Verständnis, auch durch einen humorvollen Blick auf die Sprache(n). Nicht zufällig berühren sich Özdogans literarische und Faith Akins filmische Arbeit auf vielfältige Weise.

Selim Özdogan hat seit 1995 fast 20 Bücher veröffentlicht, war zuletzt zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2016 eingeladen und hat den Hohenemser Literaturpreis 2017 erhalten. Im Buchhändlerkeller hat er zuletzt aus "Wieso Heimat, ich wohne zur Miete" gelesen.

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