06-10-2011 (20:00)
Odile Kennel liest aus ihrem bei dtv premium erschienenen Roman "Was Ida sagt"
Warum tut man gewisse Dinge, wie zum Beispiel sich die Haare kurz
scheren oder ein Forschungsprojekt über die deutsche Besatzungszeit in der
Normandie antreten? Luise, die in Berlin lebt und in der Normandie aufwuchs,
hat sich die Haare kurz geschoren, nur für sich, wie sie sagt, und sie hat ein
Forschungsprojekt angetreten – über die Besatzungszeit in der Normandie.
Einfach so. Einfach so?
Als Luise Ida, eine ihr unbekannte Großkusine, auf einer Beerdigung trifft und
deren Einladung, den Ort zu wechseln, annimmt, ahnt sie nicht, was Ida zu
erzählen hat: Die Geschichte einer Frau, die sich zur Zeit der deutschen
Besatzung der Normandie in einen deutschen Wehrmachtssoldaten verliebte, ein
Skandal, für den die Frauen damals nackt und kurz geschoren an den Pranger
gestellt wurden. Was aussieht wie Luises Forschungsthema, entpuppt sich in der
fein gesponnenen Erzählung Idas jedoch als die Geschichte einer Frau, die Luise
immer fremd geblieben ist und nun berührend nahe rückt: die Geschichte
Paulettes, ihrer Mutter. Behutsam und zugleich geschickt deckt Kennel in ihrem
Roman „Was Ida sagt“ die Motive eines komplexen familiären Beziehungsgeflechts
aus Liebe, Hass, Verachtung, Angst und Abwehr auf, der einen bis zum Schluss in
Atem hält.
Odile Kennel wurde 1967 in Bühl/Baden geboren und wuchs zweisprachig auf
(deutsch-französisch). Sie studierte Kultur- und Politikwissenschaften in
Tübingen, Berlin und Lissabon sowie Kulturmanagement in Bukarest und Dijon.
Seit 1999 lebt sie in Berlin. Von 1996 bis 2004 arbeitete sie im
Kulturmanagement. Odile Kennel übersetzt Literatur aus dem Französischen und
Portugiesischen.