08-11-2012 (20:30)
Mit einem in der Lyrik selten gewordenen Ernst lotet Mirko Bonné für ihn lebenswichtige Fragen aus. Gedichte von Reisen durch Europa, Asien und Amerika spiegeln Kindheitsbilder und Landschaftserkundungen. Porträts und Anverwandlungen widmen sich Bobrowski, Dickinson oder Huchel. Neben neuen Gedichten versammelt der Band unveröffentlichte aus drei Jahrzehnten. Somit ist Mirko Bonnés fünfter Gedichtband zwar eine Inventur, jedoch nicht die eines Nostalgikers. Gedichte als grüne Lungen inmitten der Sprachen des Alltags und der auf uns einstürzenden Diskurse – der Traklpark ist ein Park der Bedeutungen.
Ist nicht jedes gelungene Gedicht eine amouröse Verwicklung mit der Sprache? Das fragte Tom Schulz in seinem Nachwort zu Nicolas Borns Liebesgedichten, und es mag als geheime Devise des Autors stehen. Dass er sich von einer rein postmodernen Lyrik und ihren lexikalischen Fachsprachen abwendet, führt zu geglückten Figuren – wie seine Variationen auf Gedichte der Romantik und des Barock zeigen , zu einem dunklen Traum in heller Nacht. Dichten heißt, wie Paul Valéry formulierte, Voraussehen. Schulz’ Gedichte entwickeln diese seherische Gabe. Sie beginnen (sich) zu verändern, indem sie Denken und Fühlen, Reflexion und Emphase in sich vereinen – Poesie als Innere Musik einer Durchquerung vergegenwärtigter Erinnerungslandschaften und Empfindungswelten.
Mirko Bonné wurde 1965 geboren und lebt heute in Hamburg. Neben Übersetzungen etwa von John Keats, William Butler Yeats und Robert Creeley veröffentlichte er die Romane "Der junge Fordt" (1999), "Ein langsamer Sturz" (2002), "Der eiskalte Himmel" (2006) und "Wie wir verschwinden" (2009) sowie vor dem jetzt erschienenen neuen Band vier Gedichtbände. Er erhielt u.a. 2001 den Wolfgang Weyrauch-Preis und 2010 den Marie Luise Kaschnitz-Preis.
Tom Schulz wurde 1970 geboren, seit 2002 veröffentlicht er Lyrik und Prosa. Er ist Dozent für "Kreatives Schreiben" und Lyrikworkshops an der Universität Augsburg und Redakteur der Literaturzeitschrift Lauter Niemand. Zusammen mit Björn Kuhligk gibt er die Kneipenbuchreihe im Berliner Taschenbuchverlag heraus. Zuletzt erschienen von ihm die Bände "Vergeuden, den Tag" (2006), "Hundert Jahre Rütli" (2007), "Abschied von Gomera" (2008) und "Kanon vor dem Verschwinden" (2009).