18-06-2013 (20:30)
Er hatte ein enorm spannendes Leben, seine wissenschaftliche Reichweite war atemberaubend, sein soziales Engagement legendär – und er entdeckte das Evolutionsprinzip. Verglichen mit dem bedächtigen Charles Darwin war er ein Indiana Jones der Naturforschung und ein Ernest Hemingway der Naturbeschreibung. Nach ihm sind Mond- und Marskrater, Flugfrösche und ganze geographische Regionen benannt. Warum aber ist so einer heute so wenig bekannt?
Auf seiner ersten abenteuerlichen Reise erforschte der Schulabbrecher und
Autodidakt vier Jahre lang Brasilien – doch bei der Rückreise fing sein Schiff
mitten auf dem Ozean Feuer und sank. Wallace rettete nur sein Leben, seine
fantastische naturwissenschaftliche Sammlung ging verloren.
Seine zweite Expedition führte ihn durch den malaiischen Archipel, wo er im
Alleingang 125.000 naturwissenschaftliche Objekte sammelte, über 1000 Tier- und
Pflanzenarten davon noch unbeschrieben – eine unglaubliche Leistung. Während
der Reise entwickelte er auch eine Theorie über den Ursprung der Arten, die er
an Charles Darwin sandte. Ein Jahr später erschien dessen Buch »Die Entstehung
der Arten«, Darwin wurde weltberühmt und gilt seitdem als alleiniger Vater der
Evolutionstheorie.
Seit einiger Zeit wird in Fachkreisen heftig gestritten: Was für die einen
Zufall oder Zeugnis der Zusammenarbeit zweier bedeutender Forscher ist, wird
für andere zur übelsten Fälschungsaffäre der Biologiegeschichte.
Matthias Glaubrecht arbeitet als Evolutionsbiologe am Museum für Naturkunde in Berlin. Neben zahlreichen Artikeln für Zeitungen und Zeitschriften und Beratungen bei Filmen über Naturforscher, hat er mehrere Bücher, darunter eine Biographie Charles Darwins geschrieben.