01-03-2012 (20:30)
Jens Sparschuh liest aus seinem im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienenen Roman "Im Kasten"
Hannes Felix ist seine Frau los: Monika kann sein sprödes
Verhalten nicht mehr ertragen und packt ihren Koffer – leider völlig falsch.
Sein Versuch, Ordnung in den wüsten Kofferinhalt zu bringen, gibt ihr den Rest
und ihm die Gelegenheit, seine Vision von der optimalen Ordnung des Lebens künftig
ganz ungestört umzusetzen.
Jens Sparschuh erzählt von einem obsessiven Charakter und einem kollektiven
Phänomen mit hohem Wiedererkennungseffekt: der Beschäftigung mit Strategien,
das Leben und die Dinge effizient zu ordnen. Bei NOAH ist sein Held an der
richtigen Adresse. Die unausgelastete Firma für Neue Optimierte Auslagerungs-
und Haushaltsordnungssysteme hat ihn mit großen Hoffnungen eingestellt, aber
seine Ideen zur Ankurbelung des Geschäfts nehmen immer groteskere und
komischere Züge an. Rückblenden in Felix‘ Kindheit und seine beruflichen
Anfänge liefern Einblicke in die subtilen Mechanismen, die diese komplexe
Psyche formten. Und das Vorhaben, die Geschäftsinteressen von IKEA mit denen
von NOAH zu verknüpfen, den Firmensitz von der städtischen Peripherie ins Zentrum
zu verlegen und dafür endlich den Neubau des Berliner Stadtschlosses zu
stoppen, entwickelt eine unheimliche Sogwirkung. Die große Kunst von Jens
Sparschuh liegt darin, mit Sprachwitz und Feingefühl einen sympathischen und
hochneurotischen Don Quichotte von heute zu entwerfen, dem der Leser bei seiner
Suche nach einer neuen, perfekten Ordnung mit banger Hoffnung und großem
Vergnügen bis zum bitteren Ende folgt.