17-05-2016 (20:30)
«Wird
jemand für das vergossene Blut zahlen? Nein. Niemand.»
Michail Bulgakow schrieb das in Kiew, in den Wirren des russischen
Bürgerkriegs, als sich in der Ukraine im Wochentakt die Grenzen verschoben.
Den Deutschen gehörte damals ein Stück des Landes, den Polen schon nicht mehr,
obwohl ihnen früher ein sehr großes gehört hatte. Ein kleineres den
Österreichern, den Litauern lange fast alles, den Russen später der Rest, den
Sowjets am Ende das Ganze. Allein den Ukrainern gehörte nichts. Ein Jahrtausend
lang lebten sie zwischen Grenzen, die sich unter ihren Füßen stetig verschoben.
Und die nun wieder in Bewegung geraten sind.
Als Staat existiert die Ukraine erst seit 1991; was sie vorher war, ist unter
ihren Bewohnern so umstritten wie unter ihren europäischen Nachbarn. Jens
Mühling erzählt von Begegnungen mit Nationalisten und Altkommunisten,
Krimtataren, Volksdeutschen, Kosaken, Schmugglern, Archäologen und Soldaten,
deren Standpunkte kaum unterschiedlicher sein könnten. Sein Buch schildert
ihren Blick auf ein Land, über das wir kaum etwas wissen – obwohl es mitten in
Europa liegt.
Jens Mühling, geboren 1976 in Siegen, arbeitete zwei Jahre lang für die «Moskauer Deutsche Zeitung», seit 2005 ist er Redakteur beim Berliner «Tagesspiegel». Seine Reportagen und Essays über Osteuropa wurden mehrfach ausgezeichnet und sein erstes Buch «Mein russisches Abenteuer» war in Großbritannien für den renommierten Dolman Travel Book Award nominiert.