23-04-2013 (20:30)
Dass sich aus der Selbstimplosion des „stalinistischen“ bzw. „real-sozialistischen Systems“ auch der Sozialismus erledigt haben soll, ist die Botschaft, die aus dem Mauerfall gemacht wurde und so wirkmächtig war und noch ist, dass die eigentliche Frage gar nicht gestellt wird: Wie war es möglich, dass ein System, dessen vorherrschende Charakteristika Einparteiensystem, Kommandowirtschaft, Zensur und Allmacht der Sicherheitsapparate waren, überhaupt so lange mit „Sozialismus“ bzw. „Kommunismus“ verwechselt werden konnte?
Michael Schneider geht den Ursachen dieser „säkularen Verwechslung“ nach und markiert im historischen Rückblick die wichtigsten Bruchstellen, die das bolschewistische Projekt vom republikanischen Erbe abgeschnitten und über die Stalin’sche Industrialisierungsdespotie in die historische Sackgasse geführt haben.
Wie spätestens mit der Weltfinanzkrise deutlich geworden ist, hat auch der globale Casino-Kapitalismus, zu dem es angeblich keine Alternative gibt, in eine historische Sackgasse geführt: Er zerstört die Grundlagen der Demokratie und des Gemeinwesens.
Michael Schneiders Vortrag, der, dem „Geist der Utopie“ folgend, mit kleinen magischen Einlagen des Profi-Zauberkünstlers garniert wird, ist der Auftakt einer Grenzgänge-Reihe über die Ökonomisierung der Gesellschaft und die damit einhergehende Ungerechtigkeit, die zu Entpolitisierung und Politikverdrossenheit der Bürger führt: „Vom Terror der Ökonomie und der Krankheit der Gesellschaft“.
Michael Schneider, geb. 1943 in Königsberg, wuchs in Freiburg/Brsg. auf. Er studierte Philosophie, Soziologie und Religionswissenschaft und war als Lektor, Dramaturg, Drehbuch-Autor und Professor für Dramaturgie an der Filmakademie Baden-Württemberg tätig. Schriftstellerisch ist er als Publizist, Essayist, Kritiker und Romancier („Das Spiegelkabinett“, „“Der Traum der Vernunft“ u.a.) hervorgetreten.