12-01-2012 (20:30)
Gerlind Reinshagen liest aus ihrem im Suhrkamp Verlag erschienene Roman "nachts".
„Wir leben im Zeitalter der Beredsamkeit“, heißt es zu Beginn des Romans, der aus nichts weiter besteht als den Telefongesprächen, in die sich Teresa, eine junge „Flickschneiderin“ und ein namenloser pensionierter „Feld-, Wald- und Wiesenarzt“ Nacht für Nacht verwickeln. Zunächst spricht vor allem der Doktor aus seinem langen Leben, und Teresa, die viele Jahre Jüngere hört den Lebensberichten des Erfahreneren zu, bis er ihr gewissermaßen das Wort erteilt und sie aus ihrem unmittelbaren Erleben im Kiezalltag erzählt.
Ein Dialogroman, den man sich gut als Hörspiel vorstellen kann. In einer direkten, verständlichen Sprache von unaufdringlicher Exklusivität lässt Gerlind Reinshagen die beiden Protagonisten vor dem inneren Auge des Lesers erscheinen, entsprechend einem von Sokrates entlehnten, in Hörspielredaktionen unumgänglichen Grundsatzes „Sprich, damit ich dich sehe.“
Gerlind Reinshagen, die in Mai des vergangenen Jahres ihren 85. Geburtstag feiert, gehörte in den siebziger und achtziger Jahren zu den bekanntesten Hörspiel- und Theaterautorinnen der Bundesrepublik. Seit 9181 veröffentlicht sie auch Romane und Erzählungen, zuletzt „Vom Feuer“ (2006), „Göttergeschichte“ (2001).