04-09-2014 (20:30)
Sommer 1914. Den jungen Deutschamerikaner Zacharias hat es auf die Präsident verschlagen, ein kleines deutsches Passagierschiff, das in der Karibik Reisende für die großen Ozeandampfer aufsammelt. Zacharias ist auf der Flucht, wovor genau, weiß er nicht; vielleicht vor Gangstern aus New York, vielleicht vor seiner unentschiedenen Lebensgeschichte. Bislang war er Journalist ohne Leidenschaft und Textdichter ohne poetische Ader. An Bord der Präsident schreibt er auf, was ihm die Passagiere aus Deutschland erzählen. Es sind Geschichten vom Selbstzweifel, vom Verlust der Identität, Episoden aus einer Gesellschaft, die sich auflöst, weil sie nicht mehr an sich glaubt.
Als in Europa der Krieg ausbricht, erreicht er auch die Präsident. Sie wird zum Flüchtlingsschiff, dann zum Hilfskreuzer, mit dem ihr Kapitän auf Kaperfahrt geht. Weil Zacharias sich nicht entscheidet, wo er stehen und wer er sein will, zieht es ihn immer tiefer in den Krieg hinein.
Burkhard Spinnen hat eine Parabel auf die Brüchigkeit geordneter Verhältnisse geschrieben. Was 1914 geschah, als das Jahrhundert in den Krieg stürzte, kann immer wieder passieren. Und gerade die, die sich am liebsten heraushalten würden, sind besonders anfällig.
Geboren 1956, war Burkhard Spinnen nach seiner Promotion am Germanistischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig. Gastdozenturen und Seminare u.a. am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Seit 2008 Vorsitzender der Jury des Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preises. Lebt seit 1996 als freier, vielfach ausgezeichneter Autor in Münster.
Spinnen schreibt Romane, Geschichten, Essays, Feuilletons und Glossen und hat oft im Buchhändlerkeller aus dem jeweils neuesten Buch gelesen, zuletzt aus dem Roman "Nevena".