Programm

25-04-2023 (Dienstag)

Susanne Stephan: „Der Held und seine Heizung. Brennstoffe der Literatur”

20:00 - 21:30

Moderation: Petra Fléing

Nicht nur in geologischen Schichten und in klimatischen Veränderungen haben sich Kohle, Öl und Erdgas bemerkbar gemacht. Auch in den Leben von Autorinnen und Autoren und ihren literarischen Figuren, in Gedichten, Dramen und Romanen schwelt es seit dem Übergang vom Holzzeitalter zum fossilenergetischen Zeitalter anders, brennen sich die fossilen Treibstoffe als Motiv und poetologische Triebkraft ein und werfen selbst am Kaminfeuer noch neuartige Schatten ins Erzählte wie in die politisch-soziale Geschichte – sei es bei Novalis, der als kursächsischer Beamter die Oberaufsicht über Braunkohlenbergwerke hatte, sei es bei Émile Zola, der in „Germinal“ schildert, wie Kohle die Körper der Minenarbeiter durchdringt. Diesen „Leucht- und Aschespuren“ folgt Susanne Stephan in ihrem essayistischen Brennstoffbericht. Sie misst die Emissionen in der Atmosphäre des Literaturkanons und stößt dabei etwa in den Werken von Rilke, Goethe, Melville und Hilbig auf ein energetisches Unbewusstes, das nicht nur die Literatur-, Philosophie- und Erdgeschichte seit Langem schon befeuert, sondern auch die Gegenwart poetisch zu erhellen vermag.

Susanne Stephan hat Germanistik, Geschichte und Romanistik studiert und ist nach mehrjähriger Lektoratstätigkeit seit 2003 freie Autorin von Prosa und Lyrik. Zu ihren Veröffentlichungen gehören die Gedichtbände „Gegenzauber“ (2008) „Haydns Papagei“ (2015) sowie der Band über Nelken in der Reihe „Naturkunden“ bei Matthes & Seitz.