Programm

14-11-2017 (Dienstag)

Lebensbilder - "Die Wirklichkeit ist Schatten des Wortes"

20:30

Ein LebensBild zum 125. Geburtstag und 75. Todestag von Bruno Schulz, präsentiert von Jürgen Tomm.

1934 machten die Erzählungen "Die Zimtläden"/"Das Sanatorium zur Sanduhr" den jüdischen Zeichenlehrer Bruno Schulz aus Drohobycz im österreichischen Galizien mit einem Schlag als polnischen Schriftsteller bekannt. Eine Vermittlung nach Westeuropa aber oder eine Ausstellung seiner Bilder und grafischen Zyklen gelangen zu Lebzeiten nicht. "Die Zimtläden" wurden 1961 erstmals auf Deutsch publiziert, das bildnerische Werk, soweit erhalten, viel später. Ab 2008 erschienen beide Bücher bei Hanser in einer Neuübersetzung von Doreen Daume (gest. 2013), die der Sprachphantasie und Bilderflut von Schulz wahrhaft "phantastischen" Ausdruck verlieh.

Bruno Schulz war wohl eine der traurigsten Gestalten der europäischen Literaturgeschichte, ein Unglücklicher, Geschlagener von Anfang an. Geboren 1892, wäre Schulz gern Maler geworden, musste aber die durch Krieg und Krankheit in Not geratene Familie mühsam als Zeichenlehrer unterhalten. Als 1939 die Rote Armee in Galizien einmarschierte, hielten Propagandabilder Schulz über Wasser, die Okkupation der Deutschen 1941 überlebte er zunächst, indem er für den Wiener SS-Mann Felix Landau eine Villa ausmalte. Doch als Landau, der Tausende galizischer Juden umbringen ließ, den jüdischen Schützling eines SS-Kollegen erschoss, tötete der Landaus Schützling Bruno Schulz 1942 auf offener Straße. Das Grab ist unbekannt. Laudau, in der BRD 1962 zu lebenslanger Haft verurteilt, wurde nach 11 Jahren "begnadigt".

Heute ist Drohobycz eine Stadt in der westlichsten Ukraine, nahe Lemberg (Lwiw).  Seit 2003 wird die Erinnerung an Bruno Schulz in einem Museum und einem Festival wach gehalten. 2017 jähren sich Schulz' Geburtstag zum 125. und sein Todestag am 19. November zum 75. Mal.