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Marode Schulen und kriselnde Krankenhäuser, explodierende
Mieten in Großstädten, steigende Preise für Wasser, Gas und Strom,
„Verzögerungen im Betriebsablauf“ bei der Deutschen Bahn – dies alles geht
nicht zuletzt auf den Ausverkauf der öffentlichen Hand zurück, der in
Deutschland mit der neoliberalen Ära Kohl einsetzte. Engartner, stellt fest,
dass „Vater Staat“ seit mehr als drei Jahrzehnten seine Aufgaben abschüttele „wie
ein Baum seine Blätter im Herbst“. Seit 1982 hat sich der Bund von rund 90
Prozent seiner staatlichen Beteiligungen getrennt: Bundesbahn, Bundespost, Lufthansa,
die Veba-Gruppe (heute: Fon) wurden privatisiert. Auch das deutsche
Autobahnnetz soll, wenn es nach dem Willen des Bundesfinanzministers geht,
peu-à-peu privatisiert werden.
Städte und Gemeinden haben ihre Wasser- und Elektrizitätswerke
veräußert, sich von der Müllabfuhr, von kommunalem Wohnungsbesitz, von
Krankenhäusern und Schwimmbädern getrennt, was steigende Kosten für die Bürger
zur Folge hat. Während die privaten Investoren und Aktionäre mit langfristig
gesicherten Gewinnen rechnen können. Überlebenswichtige Güter und
Dienstleistungen wie überhaupt die Unternehmen der Daseinsvorsorge müssen aber,
wie Engartner betont, „allen Mensch unabhängig von ihrer Kaufkraft zur
Verfügung stehen.“
Tim Engartner studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Bonn, Oxford und Köln und promovierte mit einer Arbeit zur Privatisierung der Deutschen Bahn. Er war Juniorprofessor für Ökonomische Bildung an der Universität Duisburg-Essen und Professor für Ökonomie und ihre Didaktik an der PH Schwäbisch Gmünd. Seit 2012 ist der Professor für Didaktik der Sozialwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main.